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Drei Perspektiven über die Zukunft der Arbeit – von Vorarlberg bis Silicon Valley
Von Guntram Bechtold
In Sulz verkauft der erste Vorarlberger Self-Service Laden handgemachten Käse von Andrea und Speck von der Saluver Alpe. In Dornbirn schreiben Maschinen Verträge, die Juristen als "vorbildlich" loben. Das ist keine Science-Fiction – das ist Vorarlberg 2025.
Gemeinsam mit Johannes Moser (Confluent, USA) und Udo Filzmaier (Wirtschaftskammer Vorarlberg) durfte ich für die aktuelle Ausgabe von "Thema Vorarlberg" über DAS Thema unserer Zeit schreiben: Wie verändert Künstliche Intelligenz unsere Arbeitswelt – konkret, hier bei uns in Vorarlberg?
Unser digitaler 24/7-Bauernladen "RegionalLada" in Sulz ist ein perfektes Beispiel für die neue Arbeitswelt. Die Kunden scannen selbst, Lieferanten buchen die Ware ein und bekommen die Abrechnung digital. Die Buchhaltung? Viele Kunden, tausende Transaktionen, Dutzende Lieferanten. Zahllose gesetzliche und steuerrechtliche Anforderungen. Mit KI-gestützten Tools machbar. Präzise, effektiv, digital.
Aber die regionalen Produkte? Echte Handarbeit. Schmeckbarer Mehrwert. Das ist die Zukunft: Automatisierung wo möglich, menschliche Qualität wo wertvoll.
Bei Stars Media sehen wir das täglich. Was früher Tage dauerte – Konzepte, Texte, Designs, Reports – macht die KI in Minuten. Wir nutzen mehrere selbst trainierte Modelle und haben für viele Kunden eigene KI-Setups gebaut.
Die Kehrseite? Vieles, was früher gefordert und bezahlt wurde, ist heute eingepreist. Pressearbeit, E-Mails, Management-Reports – macht die Maschine. Teilweise. Immer mehr. Als Digitaldienstleister ist es in unserer DNA, dass wir uns alle 3 Jahre neu erfinden: Dieses Mal von der Ausführung zur orchestrierten Intelligenz mit kreativem Input.
Udo Filzmaier bringt die Herausforderung auf den Punkt: "KI verspricht Effizienz. Arbeitsabläufe werden schneller, präziser und oft auch kostengünstiger. Doch was bedeutet das für die Menschen, die bisher diese Aufgaben erledigt haben?"
Seine Beobachtung: Viele erleben die Einführung von KI nicht nur als technische Innovation, sondern auch als persönlichen Einschnitt. Die Frage "Bin ich noch gebraucht?" steht unausgesprochen im Raum.
Gleichzeitig eröffnet KI neue Möglichkeiten. Sie entlastet von monotonen Tätigkeiten und schafft Raum für Kreativität, Kommunikation und strategisches Denken. Aber: Diese Chancen sind nicht automatisch gerecht verteilt. Es braucht gezielte Qualifizierungsmaßnahmen, transparente Kommunikation und eine Unternehmenskultur, die den Menschen nicht als Kostenfaktor, sondern als Gestalter begreift.
Udos klare Forderung: KI ist kein Allheilmittel. Der verantwortungsvolle Umgang mit KI ist keine Option, sondern Pflicht. Datenschutz, ethische Standards und menschliche Kontrolle müssen integraler Bestandteil jeder KI-Strategie sein.
Johannes Moser, der viel Erfahrung der US Digitalisierung hat, erweitert den Blick: "Wir züchten im Moment die erste Generation der Modelle künstlicher Intelligenz heran. Diese bauen nahezu ausschließlich auf menschlichem Wissen auf. Was ist aber mit den folgenden Generationen?"
Seine These: Die nächsten KI-Generationen werden sich zum Teil – und vermutlich immer mehr – auf Wissen aus älteren Generationen künstlicher Intelligenz aufbauen. Deshalb müssen wir als Menschheit JETZT ein ordentliches Wertesystem in die aktuellen Modelle einbauen.
Johannes' Prognose für die nächsten 50 Jahre (basierend auf KI-Analysen):
Seine wichtigste Erkenntnis: "Der beste Weg, die Zukunft vorauszusagen, ist sie zu gestalten."
Andreas Dünser stellt in seinem Beitrag die vielleicht unbequemste Frage: In der Kunsthalle FRO im ORF-Studio stehen Bildschirme mit Teletextseiten. Darauf Nachrichten wie "Kanzler in Skandal verstrickt ... im Zentrum der Affäre ..."
Der Clou? Die Nachrichten haben keinen Bezug zur Realität. Sie werden von einer KI generiert, die im Internet Begriffe nach einem Zufallsmodus zu Meldungen zusammensetzt. Und die laufen als Sendung, ohne zuvor von einem Menschen kontrolliert worden zu sein.
Künstler Stefan Kainbacher dazu: "Es sind keine Inhalte, nur Struktur." Die zentrale Frage: "Wann wird die KI so gut sein, dass das nicht mehr unterscheidbar ist? Und diesem Punkt sind wir sehr nahe."
Nach all diesen Perspektiven komme ich zu einer klaren Erkenntnis: Wer nur eine Fähigkeit hat, verliert gegen Automatisierung. Wer verschiedene Felder vernetzen kann, schafft neue Lösungen.
Was wegfällt? Standardprozesse, Wiederholungen, Commodities. Die Maschine macht's besser, schneller, günstiger. Der Wert fällt auf null. Die Konsumenten gewinnen.
Was bleibt? Das Komplexe, Vernetzte, Kreative. Das typisch Vorarlbergerische: Qualität, Beziehungen, Vertrauen.
Wir beobachten am Vorarlberger Markt viele Betriebe, die sich fragen: "Wo bekomme ich geeignete Fachkräfte her? Die die passende Ausbildung haben. Und noch tun wollen?"
Meine Antwort: "Ihr braucht andere. Nicht 'kleine Helferlein'. Dann habt ihr ein Problem mit dem Geschäftsmodell."
Der Aufruf ist klar: Nicht verkrampft und verträumt am Gestern festhalten. Das Heute ist entscheidend. Digitalisieren, automatisieren, machen – so gut es nur geht. Mit weniger mehr Wert schaffen.
Was zählt in dieser neuen Welt? Denkmodelle, Bildung, Netzwerke, Beziehungen, Haltung. Das sind die neuen Währungen.
AGI kommt nicht morgen. Die Super-KI steht nicht vor der Tür. Aber die schrittweise Innovation läuft JETZT. Jedes echte Unternehmen braucht seinen eigenen KI-Kern. Wie einen Internet-Anschluss: Geht ohne auch. Aber nicht gut.
Meine Fragen an die Vorarlberger Wirtschaft:
Nutzen wir die neuen Chancen – bevor andere es tun.
Den vollständigen Artikel mit allen drei Perspektiven findet ihr in der aktuellen Ausgabe von "Thema Vorarlberg" (Oktober 2025).
Guntram Bechtold ist Geschäftsführer von Stars Media, Betreiber des RegionalLada in Sulz und Obmann des Vorarlberger Familienverbands. Er beschäftigt sich seit Jahren mit der digitalen Transformation von Geschäftsmodellen.




